Nach – Reifung

jonglieren mit zu vielen Reizen

Unsere Entwicklung als Mensch vollzieht sich vom unbewussten refexartigen Reagieren hin zum bewussten Agieren und Gestalten.

Um unser Überleben sicher zu stellen, entwickeln sich zu Beginn unseres Lebens verschiedene automatischen Bewegungsreflexe, die im weiteren Verlauf durch bewusst erlernte Bewegungen in einer bestimmten Entwicklungsstufe abgelöst werden.

frühkidlichen Reflexe

Reflexe sind durch unser Stammhirn gesteuerte, biologisch festgelegte, unwillkürliche Bewegungsmuster. Das Wort „unwillkürlich“ drückt es schon aus – auf diese Bewegungsmuster kann der Mensch nicht willentlich Einfluss nehmen. Im Mutterleib und während des ersten Lebensjahres haben diese unwillkürlichen Bewegungsmuster, die frühkindlichen Reflexe, eine enorm wichtige Bedeutung für die Entwicklung des Kindes.

Zum einen sorgen sie für den Aufbau von stabilen Verknüpfungen zwischen den einzelnen Gehirnarealen, die zum Zeitpunkt der Geburt noch kaum miteinander verknüpft sind. Erst wenn stabile Nervenverbindungen zwischen den einzelnen Gehirnbereichen entstanden sind, können wir unser Gehirn vollumfänglich nutzen, also unsere Bewegungen koordinieren, still sitzen, mit Gefühlen gut umgehen, uns konzentrieren, vorausschauend denken u.v.m.

Des Weiteren sorgen die frühkindlichen Reflexe für den Aufbau des nötigen Muskeltonus (Muskelspannung) im Körper, die wir benötigen, um mit der Schwerkraft umzugehen, eine gute Körperwahrnehmung und einen guten Gleichgewichtssinn zu entwickeln, damit wir zu aufrecht stehenden und gehenden Menschen heranwachsen.

Es gibt einige verschiedene Reflexe wie  z. B. den ATNR (Fechterreflex), den das Baby bei der Geburt braucht, um sich durch den Geburtskanal zu bewegen, den Tonischen Labyrinth Reflex TLR, der bei der Entwicklung des Gleichgewichts, der räumlichen, zeitlichen und visuellen Orientierung und der Körperhaltung hilft und den Moro Reflex, der dem Schutz vor Gefahren dient. Neben den bereits erwähnten, gibt es noch weitere frühkindliche Reflexe wie den Furchthemmungsreflex, den Palmar – und Plantarreflex, Asymmetrischer und symmetrischer tonischer Nackenreflex (ATNR, STNR), Such- und Saugreflex und den spinalen Galantreflex. Sie alle sind für das Neugeborene und seine Entwicklung von großer Wichtigkeit, jedoch werden sie integriert bzw. gehemmt, sobald das Kind sie nicht mehr braucht.

Alle Reflexe sid solange autonom und vom Unterbewusstsein gesteuert, bis sie durch willkürliches Lernen kontrolliert und abgelöst werden können. Das geschieht für gewöhnlich in den ersten Lebensmonaten. Die Muskulatur und die instinktiven Impulse können dann schon bewusst gesteuert werden und der Mensch hat erste, sehr wichtige Schritte in Richtung Selbststeuerung und Selbstbeherrschung vollzogen. Erst wenn beides, also die Verknüpfung der Gehirnareale und der Aufbau des Muskeltonus störungsfrei vonstattengegangen sind, hat ein Kind die neuromotorische Reife erlangt, die für einen erfolgreichen Schulbesuch erforderlich ist.

Die Auswirkung von nicht abgelösten frühkindlichen Reflexen

Ist die individuelle Reifungszeit dafür aus verschiedenen Gründen nicht gegeben, können diese Reflexe als persistierende Restreaktionen bis ins Erwachsenenalter weiter bestehen bleiben und uns unbewusst steuern. Da diese Reflexe nur mit einem großen Energieauffwand oder durch kompensatorischem Verhalten unterdrückt werden können, zeigen sich Entwicklungsstörungen in anderen Bereichen. Besonders betroffen sind Kinder in Kita und Schule, da sich ihre Gehirne noch entwickeln und dafür möglichst optimale Bedingungen benötigen. So können Lern- und Verahltensprobleme, motorische Unruhe, Konzentrationsmangel, Zahlenbewusstsein, Sprach- und Schreibschwierigkeiten auf noch nicht abgelöste Reflexe hinweisen.

Kinder und auch Erwachsenen können ihr volles Potential oft nicht entfalten, da sie ihre Energie für Kompensationsverhalten nutzen müssen. Daraus resultieren emotionale und soziale Unsicherheiten, Vermeidungsstrategien und Hemmungen.

Alles Erlernte muss sich im Leben durch entsprechendes Handeln zeigen !

Um das eigene Potential vollständig leben zu können ist die Nachreifung auf physischer und emotionaler Ebene von besonderer Bedeutung.

Ursachen für das Fortbestehen der frühkindlichen Reflexe:

Gründe gibt es dafür viele. Neben schwierigen Schwangerschafts- und Geburtsverläufen, z. B. Kaiserschnitt, liegen viele Babys zu wenig auf dem Bauch, haben zu wenig Bewegung, überspringen wichtige Entwicklungsschritte wie das Krabbeln. Auch zu langes Liegen im Maxi-Cosi und Lauflernhilfen beeinträchtigen die natürliche Entwicklung.

Auf Anfrage biete ich Trainingsprogramme zur Reflexintegration oder Nachreifung an.

Wie sieht so ein RIT®-Reflexintegrationstraining nun aus?

Das RIT®-Einzeltraining erstreckt sich in der Regel über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten. Nach einer ausführlichen neuromotorischen Untersuchung und Feststellung der noch aktiven frühkindlichen Reflexe, kommen die Klienten einmal im Monat in meine Praxis. Hier löse ich die entsprechenden Reflexmuster durch isometrischen Druck aus, begleitet von einer beidseitigen Gehirnhälftenstimulation. Um stabile neuronale Verknüpfungen aufzubauen, ist es dann von großer Bedeutung, dass das Kind täglich ein etwa zehnminütiges Bewegungstraining zu Hause durchführt.

Um möglichst viele Kinder zu erreichen, wurde vom Sieber & Paasch Institut ein Gruppentraining für Kindergärten und Grundschulen entwickelt, das sich über acht Monate erstreckt und sich mit einem geringen täglichen Aufwand von 15 Minuten gut in den Kindergarten- bzw. Schulalltag integrieren lässt.

Warum das Thema Reflexintegration so wichtig ist:

Zahlreiche internationale wissenschaftliche Studien weisen auf die Zusammenhänge von frühkindlichen Reflexen und Lern- und Verhaltensauffälligkeiten hin. So haben Kinder mit AD(H)S-Symptomatiken zu 94 % den „Spinalen Galant“ und den „Spinalen Perez“ noch aktiv.
Quellen: Untersuchungen von Svedlana Masgutova und dem Sieber & Paasch Institut: Kinder mit Lese-Rechtschreib-Schwä- che haben zu 75 % den „symmetrischen tonischen Nackenreflex“ (STNR) noch aktiv

Das Thema muss einfach in die Öffentlichkeit und gerade Erziehern (immer m/w) und Lehrern zugänglich gemacht werden, da es deutliche, auch für Laien sichtbare Anzeichen für noch aktive frühkindliche Reflexe gibt. Das sind unter anderem:

  • Tollpatschigkeit (häufiges Umwerfen von Gegenständen)
  • schlechte Körperhaltung
  • das Kind stützt den Kopf ständig ab
  • es kann keinen Purzelbaum machen
  • Verknoten der Beine um die Stuhlbeine
  • das Heft wird zum Schreiben schräg gelegt, sodass eher von unten nach oben statt von links nach rechts geschrieben wird
  • das Kind fängt in der Mitte des Blattes an zu schreiben
  • schlechte Stifthaltung, zu viel Druck auf dem Stift
  • der Mund wird beim Schreiben mitbewegt